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Misstrauen am Arbeitsplatz: Hinter jedem Busch ein Jäger

Wenn Mitarbeiter hinter jedem Busch einen Jäger erwarten, so muss in der Vergangenheit einiges Vertrauen zwischen Mitarbeiter und Arbeitgeber verloren gegangen sein. Doch warum kommt es in manchen Unternehmen zwangsläufig dazu und wie könnte ein Vorgehen aussehen, welches diesen Misstand beheben könnte?

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In letzter Zeit hören wir von mehreren Klienten, dass die Aussicht auf gute Umfrage-Rückläufe gering sei. Mitarbeiter sähen hinter jedem Busch den sprichwörtlichen Jäger, welcher ihnen auflauere. Mitarbeiterumfragen würden als Werkzeug der Obrigkeit identifiziert, deren Ergebnisse am Ende gegen die Mitarbeiter verwendet werden. Diese Angst vor Spionage, Repressionen und Kontrolle scheint sich in vielen Unternehmen festgesetzt zu haben und neue Ansätze der Personal- und Unternehmensentwicklung zu verhindern. Ich möchte daher diese Woche gemeinsam mit Ihnen diskutieren, wie es überhaupt zu einer solchen Situation kommen kann und wie man es schafft bei seinen Mitarbeitern wieder Vertrauen zu schaffen.

Woher kommt das Misstrauen am Arbeitsplatz?

Zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer entsteht durch das Aufnehmen des gemeinsamen Arbeitsverhältnisses ein schriftlicher und ein impliziter Vertrag, welche die zukünftige Zusammenarbeit festlegen. Während der schriftliche Vertrag die vertraglichen Rechte und Pflichten beider Parteien abdeckt, schafft der implizite Vertrag die eigentliche Bindung zwischen beiden Parteien. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich dazu, alles in seiner MachtStehende zu tun, um das Unternehmen nach vorne zu bringen. Das geht über die rechtlich vereinbarten Arbeitszeiten hinaus, da Dinge wie Energie, Fleiß, Motivation, etc. nicht schriftlich festgelegt werden können. Im Gegenzug erwartet der Arbeitnehmer neben Bezahlung und Co. Dinge wie Fairness, Offenheit, Gemeinschaftlichkeit und Sicherheit.

Wird der schriftliche Vertrag gebrochen, so gibt es eine einfache Lösung: Entlassung oder Kündigung. Wird der implizite Vertrag gebrochen, kann es in Folge zu einer äußerst problematischen Konstellation kommen. Der implizite Vertrag wird aufgekündigt und es wird sich zukünftig nur noch an der schriftlichen Ausformulierung orientiert. Zum Beispiel werden in Folge von Unternehmenssanierungen oftmals die Faktoren Offenheit, Fairness und vor allem Sicherheit aus dem impliziten Vertrag gestrichen. Jede neue Veränderung im Unternehmen (aka. ‚Change‘) wird in Zukunft auf diese verlorenen Faktoren treffen und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch daran scheitern. In einem schriftlichen Vertrag ist Commitment für eine neue Veränderung nicht festgehalten.

Misstrauen am Arbeitsplatz entsteht selten durch Kleinigkeiten

Vertrauen ist ein Schlüsselfaktor für jede menschliche Interaktion und ein wichtiger Indikator, ob eine bestimmte Situation, ein bestimmter Mensch oder Ort eine Gefahr für uns darstellt, oder Sicherheit bietet. Es braucht mehr als eine lapidare Bemerkung, oder eine unglücklich formulierte E-Mail, um eine gute Vertrauensbasis zu zerstören. Oftmals sind es einschneidende Ereignisse, wie die bereits erwähnte Sanierung, oder eine groß angelegte Umstrukturierung des Unternehmens. Aber auch weniger große Ereignisse können in Masse und Häufigkeit zu einem Verlust dieser wichtigen Säule führen. Regelmäßige Umfragen, die zu keinen Veränderungen führen, Veränderungen die stets zur Folge haben, dass weniger Mitarbeiter mehr leisten müssen, etc. schaffen nicht nach einem einzigen Mal Misstrauen, sondern durch Ihre Häufigkeit, Erwartbarkeit bzgl. des Outcomes und Regelmäßigkeit.

Zustände wie z.B. Sanierungen gehören leider zum Lebenslauf so manchen Unternehmens. Dass diese Sanierung aber auch ein Ende hat und nach einer gesunden Konsolidierung auch ein progressiver Fokus auf die Mitarbeiter gelegt wird, kann die Belegschaft durchaus irritieren und verunsichern. Denn bis zum jetzigen Zeitpunkt kam es nur dann zu einer näheren Beschäftigung mit den Mitarbeitern, wenn überlegt wurde wie viele von ihnen noch gehen könnten.

Die Folgen einer Kultur des Misstrauens

Fehlendes Vertrauen zu seinem Arbeitgeber reicht meist nicht, um zu kündigen. Die eigene Existenz muss geschützt werden und ein ständiger Arbeitgeber schafft zumindest sozioökonomische Sicherheit. In dieser Phase beobachten wir oftmals eine Verbrüderung der Mitarbeiter gegenüber dem der Führungsetage, oder dem Unternehmen im Allgemeinen. Diese Abkapselung von der eigentlichen Unternehmenswelt ermöglicht es den Mitarbeitern wieder für eine Sache (Die Kollegen, oder die Erfüllung der eigenen Tätigkeit) zu arbeiten und sein Bestes zu geben. Es kann dabei sogar ein neuer impliziter Vertrag aufgelegt werden, welcher zwischen den einzelnen Mitgliedern dieses Mikrokosmos entsteht. Dieses Phänomen ist den menschlichen Bedürfnissen nach Sicherheit, Gemeinschaft und Kontinuität geschuldet und ist meiner Meinung nach einer der wenigen Gründe, warum manche Unternehmen überhaupt noch existieren.

Da es in Folge dieses Phänomens jedoch zu einem Verlust der Dachkultur kommt und das Unternehmen nur noch aus einer Vielzahl an Mikrokosmen besteht, kann ein übergeordnetes Vertrauen zwischen Mitarbeitern und Unternehmen nur noch bei Einzelnen Einheiten gefunden werden. Oftmals erhalte ich in solchen Unternehmen auf die Frage „Sind die während Ihrer Arbeit glücklich?“ relativ positive Antworten. Die Kollegen seien toll, das Arbeitsklima sei gut und die Arbeit in der Abteilung mache teilweise auch Spaß. Wenn man dann jedoch auf das Unternehmen selbst zu sprechen kommt klingt es beinahe, als wären alle Beteiligten kurz vor dem Absprung. Ein Change folge dem anderen, der Umsatz sei wichtiger als der Mitarbeiter, die Quartalszahlen müssten stimmen - koste es was es wolle, etc.

Es ist daher kaum verwunderlich, dass wir seit 40 Jahren konstant hohe Scheiter-Quoten von Veränderungsprozessen haben (60-80%) und warum der häufigste Grund für ein gescheitertes Projekt das fehlende Commitment von Seiten der Mitarbeiter ist.

Es stellt sich daher die Frage, wie man es schaffen kann das implizite Vertrauen zwischen Mitarbeiter und Unternehmen wiederherzustellen.

Wie schaffe [&] erhalte ich Vertrauen?

Wie so oft ist die Antwort auf diese Frage eine Mischung verschiedenster Faktoren. Zum einen kann man Vertrauen mit denselben Faktoren schaffen, mit denen man es vorher verloren hat: Häufigkeit, Regelmäßigkeit und Erwartbarkeit - kurzum Kontinuität. Ein guter neuer Ansatz sollte nicht alleine kommen, er sollte in regelmäßigen Abständen merkliche Effekte haben und vor allem vorhersagbar und sein Outcome erwartbar sein.

Meiner Meinung nach schafft man dies nur durch eine transparente und inklusive Planungsphase. Die Mitarbeiter müssen rechtzeitig und umfassend über das neue Vorgehen informiert werden und bereits während der Planung Einfluss auf dessen Endgestalt nehmen können. Bisherige Veränderungen, Sanierungen, etc. wurden nicht gemeinsam mit den Mitarbeitern gestaltet und verursachten daher das Gefühl des ‚von oben aufgezwungenen Zustands‘. Oberstes Ziel muss es daher sein, dass die Mitarbeiter das neue Vorgehen sehen, schmecken und fühlen können, noch bevor es aktiv wird. Verzeihen Sie mir die einfache Gleichung, aber es ist ein wenig wie beim Reitsport. Stellen Sie sich vor, Ihre Eltern kauften Ihnen als Sie noch ein Kind waren ein Pferd und möchten, dass Sie reiten lernen. Pferde sind große imposante Tiere und Kinder zwar neugierig, jedoch auch mit gesunder Vorsicht ausgestattet. Die Wenigsten würden wohl auf das Pferd losrennen, es satteln und aufspringen, sondern sich schrittweise mit den Eltern nähern und nach und nach Vertrauen zu dieser neuen Situation aufbauen. Tritt das Pferd beim ersten Mal jedoch aus, so ist es unwahrscheinlich, dass die Vertrauensfindung schnell vonstatten gehen wird. Daher sollte gerade in der ersten Berührungsphase mit positiver Veränderung vorsichtig umgegangen werden. Das Unternehmen hat eventuell tatsächlich eine gute Idee für seine Mitarbeiter, schafft es jedoch nicht über diese erste Hürde.

Wenn man einem Menschen trauen kann, erübrigt sich ein Vertrag. Wenn
man ihm nicht trauen kann, ist ein Vertrag nutzlos.

von Jean Paul Getty

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