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Holokratie: Subdemokratie auf Gruppenebene

Wer gerne in flexiblen Strukturen und auf Augenhöhe mit anderen arbeitet, ist bei der Holokratie genau richtig. Die hierarchielose Führung besteht dabei aus Subdemokratien auf Gruppenebenen und steigert dadurch nicht nur die Agilität Ihres Unternehmens, sondern auch dessen Umsatz.

Holokratie - Subdemokratie auf Gruppenebene

Keine Vorgesetzten, flache Hierarchien, Entscheidungsmacht und hohe Selbstverantwortung – Klingt nach der perfekten Arbeitsatmosphäre? Dann sind Sie bei Unternehmen mit holokratischer Führung genau richtig. Wo empowernde Führungskräftedie individuellen Stärken und Bedürfnisse der Mitarbeitenden fördern, geht Holokratie noch einen Schritt weiter und will die Führungskraft quasi komplett abschaffen. Jeder Mitarbeitende führt sich also selbst und Entscheidungen werden über Subdemokratien auf Gruppenebene getroffen – Kann dieser New-Work-Ansatzin der Praxis wirklich funktionieren?

Führung aller durch alle!

Holokratie (auch Holakratie; englisch: Holacracy) bedeutet aus dem Griechischen übersetzt soviel wie „ganzheitliche Herrschaft“. Damit deutet der Name schon an, welchen Ansatz der Begriff beschreibt. Dieser umfasst eine Unternehmensstruktur, die ohne Hierarchien auskommt und alle Mitarbeitenden in die Entscheidungsfindungen miteinbezieht. Ursprünglich entwickelt wurde der Ansatz vom Unternehmer Brian Robertson aus den USA, der dieses Führungskonzept 2007 in seiner Firma Ternary Software Corporation umsetzte. Er verfasste daraufhin die „Holokratie-Verfassung“, welche in fünf Kapiteln das Regelwerk und die Grundprinzipien einer Holokratie festlegt.

So werden Entscheidungen in holokratisch strukturierten Unternehmen nicht etwa durch eine oder mehrere Führungskräfte gefällt, sondern durch das Prinzip der „Integrativen Entscheidungsfindung“. Die Mitarbeitenden teilen sich dabei in Kreise auf, in denen sie verschiedene Rollen annehmen. Dabei werden bei Entscheidungen alle Meinungen, Sichtweisen und Einwände der Kreismitglieder berücksichtigt. Letztlich führt also jeder und jede Mitarbeitende sowohl sich selbst als auch alle anderen. In diesen Strukturen kommen auch agile Projektmethoden wie Kanbanoder Scrum zum Einsatz. Das klingt zunächst chaotisch, erhöht aber durch die ständigen Kursanpassungen unter Beachtung sich ändernder Umwelt- und Marktbedingungen die Agilität, Flexibilität und damit auch die Marktfähigkeit eines Unternehmens. Wie das konkret aussieht, erfahren Sie in im Folgenden.

4 Grundsätze der Holokratie

Robertson beschrieb in der Verfassung der Holokratie vier wichtige Leitlinien, die in Unternehmen umgesetzt werden sollen.

  1. Doppelte Verbindung

Um reibungslose Kommunikationspfade zu schaffen, bedient sich die Holokratie der doppelten Verlinkung (double-linking). Dabei wird in jedem Arbeitskreis ein Mitarbeitender ausgewählt, der/ die zusätzlich in einen oder mehrere andere Kreise integriert wird und die Kommunikation zu diesen übernimmt. In diesen Kreisen ist es für diesen Mitarbeitenden dann auch möglich, bei Entscheidungen mitzuwirken. Diese klare Struktur und direkte Kommunikation auf Augenhöhe ermöglicht das Gelingen einer Holokratie.

  1. Steuerungs- und operative Treffen

Der grundlegende Unterschied zwischen den beiden Formen von Treffen liegt in den Themen, die besprochen werden. In Steuerungstreffen, die meist in einzelnen Kreisen abgehalten werden, werden unter anderem Befugnisse und Zuständigkeiten vereinbart und Optimierungen der Organisation diskutiert. Dabei wird konkret darauf geachtet, dass Geld, Zeit oder andere Ressourcen nicht thematisiert werden. Bei operativen Treffen auf Unternehmensebene hingegen werden die täglich anfallenden Aufgaben und Themen besprochen.

  1. Rollen und Funktionen

Da in Holokratien keine Hierarchien existieren, gibt es auch keine konkreten Stellenbeschreibungen wie „Teamleiter*in“ oder „Marketingmanager*in“. Zuständigkeiten werden konkret verteilt und in Absprache mit dem oder der im Kreis für Budget- und Personalfragen Verantwortlichen schon vor Zuteilung an eine bestimmte Person abgeklärt. Mit diesen Zuständigkeiten soll Klarheit geschaffen, Missverständnisse vermieden und alle notwendigen Aufgaben im Unternehmen abgedeckt werden.

  1. Dynamische Entscheidungsfindung

Wie zuvor schon erwähnt, haben in Holokratien alle Mitglieder eines Teams bzw. eines Kreises ein gleichwertiges Stimmrecht. Entscheidungen sollen grundsätzlich jederzeit änderbar sein, sollten sich relevante Parameter oder Umweltbedingungen verändern. Die gewählte Lösung ist also nicht in Stein gemeißelt, sondern ermöglicht durch ihre Korrigierbarkeit das flexible und agile Handeln der Organisation.

Pros und Kontras

So viel zur Theorie. Kann dieses Konzept auch in der praktischen Umsetzung funktionieren? Es gibt tatsächlich bereits eine Vielzahl an Organisationen, die holokratische Ansätze in ihre Unternehmenskultur integriert haben, unter anderem die Umweltschutzbewegung Extinction Rebellion oder das erfolgreiche deutsche Unternehmen mymuesli. Einer der Hauptvorteile einer holokratischen Struktur ist definitiv die Wendigkeit und Flexibilität, sowohl auf Chancen als auch auf Probleme rasch reagieren zu können. Rollen können laufend verändert oder neue hinzugefügt werden und Entscheidungen werden schnell getroffen, da sie nicht erst von mehreren Managementebenen abgesegnet werden müssen. Zudem trägt die flexible, transparente Rollenverteilung dazu bei, dass individuelle Stärken der Mitarbeitenden ideal gefördert werden, was wiederum deren Zufriedenheit und Engagement erhöht. Gerade in der Arbeitswelt 4.0 können sich Unternehmen durch Schnelllebigkeit einen wesentlichen Vorsprung sichern.

Die Voraussetzung für das Funktionieren einer Holokratie ist aber natürlich die richtige Umsetzung. Ist diese nicht gegeben, kann dabei auch einiges schiefgehen. Die Verfassung der Holokratie umfasst zusätzlich zu den vier Säulen noch weitere zahlreiche Regeln. Das gesamte Konzept mitsamt seinen Regeln und Funktionsweisen muss also den Mitarbeitenden erst einmal verständlich nähergebracht werden. Denn ziehen die Mitarbeitenden nicht alle an einem Strang, schleichen sich schnell trotz vermeintlicher Hierarchielosigkeit Machtkämpfe und Chaos ein.

Zusätzliche Kosten können auch durch aufwendige Software entstehen und Menschen, die Karriere machen wollen, sind wohl bei Holokratien aufgrund der nicht wirklich vorhandenen Aufstiegschancen fehl am Platz. Problematisch werden Holokratien vor allem dann, wenn die Regeln nicht verstanden und verinnerlicht werden, oder Mitarbeitende sich verweigern, in holokratischen Systemen zu arbeiten. Entschließt ein bereits länger bestehendes Unternehmen, auf eine holokratische Struktur umzusteigen, ist die Begleitung durch Berater oder Coaches deshalb empfehlenswert. Insgesamt können bei durchdachter Umsetzung Unternehmen jeglicher Größenordnung von einer holokratischen Struktur profitieren.

Fazit zur Holokratie

Der Ansatz der Holokratie gibt Unternehmen die Chancen, unter schwankenden und sich rapide ändernden Umweltbedingungen schnell zu reagieren. Flexibilität, Agilität und eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit können die Folgen sein. Dafür ist es wichtig, das Regelwerk zu befolgen und die gesamte Organisation ins Boot zu holen. Wird das Konzept verinnerlicht und Konkurrenzdenken beiseitegelegt, kann die Unternehmenskultur enorm von diesem Wandel profitieren.

Ein Unternehmen ist kein Zustand, sondern ein Prozess.

Von Ludwig Bölkow, deutscher Unternehmer

Literatur:

Robertson, B. J. (2016). Holacracy: ein revolutionäres Management-System für eine volatile Welt. München: Vahlen.

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