It’s a Green Deal: Positives Arbeitsklima durch Klimaneutralität?
Was steckt hinter dem neuen Trend der „Klimaneutralität“? Eine klimabewusste Unternehmenspolitik kann auch als Marketingstrategie genutzt werden und durch ein nachhaltiges Image sogar neue Kundenzielgruppen erschließen. Eine gut implementiert und integrierte Klimastragie kann aber auch der internen Unternehmenskultur zugutekommen.

Klimaneutralität – eines der Hot Topics aktuell. Auf nationaler, wie auf globaler Ebene, privat sowie wirtschaftlich. Wer weiß – vielleicht wird es das Wort des Jahres 2023? Mittlerweile mehr als ein Elefant im Raum, kann ihn keiner mehr ignorieren, den Klimawandel. Seinen eigenen Beitrag zu dessen Eindämmung zu leisten, erreicht immer mehr Bewusstsein -ein Trend, von dem wir alle profitieren. Gleichzeitig bekommt mit diesem Begriff auch ein (gar nicht so neuer) Trend in der Wirtschaft frischen Wind.
Das Greenwashing-Image loswerden
Das eigene Unternehmen „grüner“ zu machen ist keine Laune, die erst seit gestern existiert. Was lange Zeit als Greenwashing eher negativ diskutiert wurde und in viele Einzelfällen zurecht scharfe Kritik erntete, findet mit der Agenda 2050 der Europäischen Union sowie dem deutschen Klimaschutzgesetz 2045 nun zu einer neuen Seriosität. Die Wirtschaft erhält damit eine neue Chance, dem grünen Transfer diesmal einen authentischeren Anstrich zu verpassen. Immer mehr Unternehmen springen auf den Zug auf und verschreiben sich dem Ziel, ihre Prozesse klimaneutral zu gestalten. Bis 2045 möchte Deutschland Treibhausgasneutralität erreichen. Dies wird auch den Wirtschaftssektor stark beeinflussen. Doch Unternehmen sollen damit nicht allein gelassen werden, die deutsche Bundesregierung möchte hier unterstützen. Will man sich als Unternehmen eine eigene Handlungskompetenz aufbauen, gibt es viele Möglichkeiten, sich im Thema Nachhaltigkeit zu schulen und den Transformationsprozess eigenständig voranzutreiben.
Was bedeutet „Klimaneutralität“? – Hinter diesem Begriff steckt das Ziel, Produktionsprozesse emissionsärmer zu gestalten beziehungsweise nicht zu vermeidende CO2-Produktion durch andere Maßnahmen auszugleichen. Dabei lässt sich das Ganze nicht nur auf industrielle Produktionsprozesse reduzieren. Fast alles, was wir täglich tun, verursacht Treibhausgase – in unserer Freizeit wie auch in unserem Arbeitsalltag. Angefangen beim Gebrauch des Arbeits-PCs, hin zum Schweineschnitzel in der Kantine, bis zur Begrünung im Büro. Es gibt eine Unmenge an Faktoren, die die Klimabilanz eines Unternehmens und seiner Mitarbeitenden bestimmen. Viele davon kann man klimafreundlicher adaptieren, manche sind einfach unvermeidbar. Und natürlich stehen letztendlich die Praktikabilität und die Produktivität im Vordergrund. Doch gerade für Letztere kann eine gelebte Klimapolitik im Unternehmen vielleicht sogar Chancen bieten.
Natürlich ist eine klimabewusste Unternehmenspolitik zum einen eine gute Werbung nach außen und kann durch ein nachhaltiges Image sogar neue Kundenzielgruppen erschließen. Eine Klimastrategie zu verfolgen, kann jedoch ebenso für das interne Marketing genutzt werden. Ein Konzept zur Klimaneutralität, das gut in die interne Unternehmenskultur eingeflochten und transparent kommuniziert wird, kann Mitarbeitende abholen, Identifikationspotential freisetzen und Unternehmen als Arbeitgeber attraktiver machen. Als Unternehmen Klimaneutralität anzustreben ist mit Wandel verbunden. Doch Transformation und Bewegung richtig genutzt, kommt dem Betrieb nur zugute.
Eine Angst, die häufig unter Mitarbeitenden mit einer klimabewussten Umstrukturierung einhergeht, ist die, dass man jetzt wahrscheinlich ja gar nichts mehr dürfe. Eine bekannte Gefahr klimapolitischer Maßnahmen - auf gesellschaftlicher Ebene sowie in der Wirtschaft – die aus dieser Sorge heraus entsteht, ist Reaktanz. Reaktantes Verhalten äußert sich meist darin, dass man nach Auferlegung unerwünschter Maßnahmen, diese „jetzt erst recht nicht“ befolgt. Dahinter liegt meist, dass man sich in seiner Selbstbestimmtheit und Entscheidungsfreiheit verletzt fühlt. Um solchen Sorgen und Reaktanz vorzubeugen, ist klare Kommunikation sowie die Möglichkeit zur Mitgestaltung und Partizipation im Prozess ausschlaggebend.
Sich der Agenda Klimaschutz anzuschließen, muss somit nicht als Auflage oder Einschränkung gefürchtet werden. Vielmehr kann man sie als Unternehmen und Arbeitgeber_in als Chance sehen und als Wettbewerbsvorteil nutzen.
Wie kann’s gehen – Erweitern statt reduzieren
Wo aber ansetzen?! Tatsächlich kann das Vorhaben, die Klimaneutralität zu erreichen, erst einmal überfordernd wirken. Wo fange ich an, welche Faktoren müssen beachtet werden, gibt es blinde Flecken? Viele Fragen können sich nach der Entscheidung, die eigene CO2-Bilanz zu reduzieren beziehungsweise auszugleichen, stellen. Erst einmal steht man vor einem Dschungel an Möglichkeiten. Doch von diesem anfangs undurchsichtigen Dickicht sollte man sich nicht abschrecken lassen. Es gibt verschieden Ansätze und Strategien, Klimaneutralität zu denken. Meist steht dem Ganzen das Ermitteln der eigenen CO2-Bilanz voran, um eine Referenz zu haben, in welchem Ausmaß, entsprechende Maßnahmen ergriffen werden sollten.
Man kann sich in Eigeninitiative in diesen Prozess stürzen und sich mit vertiefter Recherche eine Orientierung verschaffen oder man kooperiert mit einem der vielen Anbieter_innen, die bei einem „grünen“ Transformationsprozess beratend und technisch unterstützen können. Unser Artikel soll vor allem einen ersten Einblick in die Bandbreite an mitarbeiterbezogenen Ansätzen geben und damit aufzeigen, wie ein grünes Changemanagement durch Partizipation auch als Tool für die Verbesserung des Arbeitsklimas dienen kann.
Jeder kennt sie wahrscheinlich, solche Maßnahmen, wie der freundliche Reminder am Lichtschalter, dass die Umwelt es einem danke, wenn man Strom spart oder solche „witzigen“ Hinweise bei den Waschbecken „Nicht für jeden Tropfen, ein Tuch abrupfen“. Wie viel diese Sätze bringen, wissen wir alle – wenig bis nichts. Statt jedoch mit Bitten um Restriktion zu arbeiten, kann man stattdessen Handlungsalternativen bieten und den Arbeitsalltag mit Maßnahmen bereichern. Wo man Mitarbeitende abholen kann, sind Handlungsfelder, die in ihrem direkten Interessenbereich sowie dem täglichen Gebrauch liegen.
Die wenigsten von uns wohnen so nah an ihrem Arbeitsplatz, dass sie täglich zur Arbeit laufen würden. Um die Emissionsbilanz des täglichen Arbeitsweges aber auch die Mobilität während des Dienstes zu verbessern, können Mitarbeitenden Anreize geboten werden, „grüner“ unterwegs zu sein. Beispielsweise durch das Angebot von Jobtickets oder Jobrädern (gern auch e-Bikes oder e-Scooter, um auch die Radmuffel unter uns abzuholen). Eine weitere Idee wäre ein innerbetriebliches Carsharing-System mit Elektroautos. Und für jede unvermeidbare Dienstreise mit dem Flugzeug könnte eine CO2-Kompensation durch die Investition in ein Umweltprojekt getätigt werden. Eine solche Kompensationsleistung kann auch in anderen Fällen herangezogen werden, wo Emissionsreduktion strukturell einfach nicht möglich ist. Um das Ganze greifbarer zu machen, könnte eine Kooperation mit einem spezifischen Projekt abgeschlossen werden. In den Auswahlprozess dieses können Mitarbeitende wiederum eingebunden werden.
Ebenfalls ein alle bewegendes Thema ist die Ernährung. Jede_r von uns muss über den Tag etwas essen und für viele ist die Kaffeepause oder das Mittagessen eines der Highlights während eines Arbeitstages. Gerade große Unternehmenskantinen sind eine wichtige Stellschraube in der Emissionsreduktion. Was und wie viel auf den Teller kommt, bestimmt stark, wie die CO2-Bilanz der Esser_innen ausfällt. Beispielsweise attraktive pflanzlich-basierte Mahlzeiten als Alternative zum Schnitzel anzubieten, kann bereits einen großen Unterschied machen. Über eine Umfrage unter den Mitarbeitenden kann transparent erhoben werden, welche Wünsche bestehen und wo Änderungsbereitschaft existiert. Auch Reste am Ende des Tages können genutzt werden und Mitarbeitenden mit nach Hause gegeben oder gespendet werden. Um die Kaffeepause „grüner“ zu machen, kann auf Kaffeebohnen mit geringerem Wasserverbrauch geachtet werden und regionales Obst kostenlos angeboten werden.
Dies soll nur als exemplarischer Einblick in zwei mögliche Handlungsfelder dienen. Veränderung und Teilhabe kann auch auf kleinerer Ebene stattfinden. Vielleicht möchten die Mitarbeitenden selbst die Initiative ergreifen und eine monatliche Tauschbörse organisieren, die Räumlichkeiten gemeinsam in einer Pflanzaktion begrünen oder den unternehmenseigenen wiederverwendbaren „Coffee-to-go“-Becher zu designen.
Ausblick in die „grüne“ Zukunft
Green Business neu gedacht. Es gibt also keinen Grund zur Angst vor dem Transformationsprozess. Dieser muss nicht nur Reduktion bedeuten. Klimaneutralität gilt mittlerweile als Gütezeichen. Ein Unternehmen, das klimaneutral wird, übernimmt Verantwortung und wird aktiv. Das macht es attraktiver am Markt – aber auch für seine Mitarbeitenden. Eine klare Struktur, Transparenz und Mitgestaltung sind dabei Erfolgsfaktoren, eine Klimalinie in die Unternehmenskultur zu integrieren.
Wenn wir keinen Planeten mehr haben, geht es der Wirtschaft nicht gut.
von Al Gore