Paula-Prinzip: Warum Frauen oft unter ihrem Potenzial arbeiten
Im Gegensatz zu Männern finden sich Frauen oft in beruflichen Positionen wieder, die unter ihrem Kompetenzniveau liegen. Das liegt an einer Vielzahl von Hindernissen beispielsweise in Form von mangelnder Kinderbetreuung. Dieses Phänomen bezeichnet der Professor Thomas Schuller als Paula-Prinzip.

Die meisten von uns kennen das Peter-Prinzip, das besagt, dass Menschen in Hierarchien auf die Ebene ihrer Inkompetenz aufsteigen. Aber es gibt eine weniger bekannte, ebenso wichtige Dynamik in der Arbeitswelt: das Paula-Prinzip. Es beschreibt, dass Frauen häufig unterhalb ihres Kompetenzniveaus arbeiten – ein Phänomen, das sich durch gesellschaftliche und strukturelle Hindernisse erklärt. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen des Paula-Prinzips, zeigt die Auswirkungen auf und gibt Anregungen, wie wir dieses Ungleichgewicht überwinden können.
Was ist das Paula-Prinzip?
Der Begriff “Paula-Prinzip” wurde von Professor Thomas Schuller geprägt. Es beschreibt eine systematische Unterbewertung der Fähigkeiten von Frauen in der Arbeitswelt. Obwohl Frauen oft gleich oder besser qualifiziert sind als Männer, spiegelt sich dies nicht in Karrierechancen, Gehalt oder Anerkennung wider.
Im Gegensatz zum Peter-Prinzip, bei dem Mitarbeitende auf Positionen aufsteigen, die sie überfordern, zeigt das Paula-Prinzip, dass Frauen häufig in Positionen verharren, die weit unter ihrem Potenzial liegen.
Ein Beispiel: Eine Frau mit ausgezeichneten akademischen Leistungen und umfangreicher Berufserfahrung könnte aufgrund struktureller Barrieren eine Stelle einnehmen, die weniger Verantwortung und geringere Aufstiegschancen bietet als die ihrer männlichen Kollegen.
Warum ist das Paula-Prinzip relevant?
Das Paula-Prinzip ist nicht nur ein gesellschaftliches, sondern auch ein wirtschaftliches Problem. Studien zeigen, dass Unternehmen, die das Potenzial ihrer Mitarbeiterinnen nicht nutzen, nicht nur an Innovationskraft verlieren, sondern auch ineffizient arbeiten.
Wirtschaftliche Auswirkungen
Frauen stellen in vielen Ländern die Mehrheit der Hochschulabsolventen, dennoch sind sie in Führungspositionen unterrepräsentiert. Ein solcher Kompetenzverlust wirkt sich negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit und Kreativität von Unternehmen aus. Diversity-Studien zeigen, dass Organisationen mit einer ausgewogenen Geschlechterverteilung bessere finanzielle Ergebnisse erzielen.
Gesellschaftliche Auswirkungen
Die systematische Unterbewertung von Frauen beeinflusst nicht nur die betroffenen Individuen, sondern auch zukünftige Generationen. Kinder, die in Haushalten aufwachsen, in denen Frauen beruflich benachteiligt werden, übernehmen häufig ähnliche Denkmuster.
Die Ursachen des Paula-Prinzips
Das Paula-Prinzip ist ein komplexes Phänomen, das auf mehreren Ebenen wirkt. Es ist nicht nur das Ergebnis einzelner Entscheidungen, sondern ein Zusammenspiel von gesellschaftlichen Normen, strukturellen Hürden und individuellen Herausforderungen. Um die Mechanismen dahinter besser zu verstehen, lohnt es sich, die wichtigsten Ursachen genauer zu betrachten:
1. Diskriminierung
Diskriminierung gegen Frauen zeigt sich oft in subtiler Form, etwa in der mangelnden Anerkennung von Leistungen oder im sogenannten “Mansplaining” – wenn Frauen in Meetings übergangen werden oder ihre Vorschläge von Männern wiederholt werden, ohne sie zu würdigen.
2. Strukturelle Hindernisse
Frauen übernehmen nach wie vor den Großteil der Care-Arbeit, was ihre berufliche Entwicklung bremst. Teilzeitmodelle bieten oft keine gleichwertigen Karrieremöglichkeiten, und Betreuungsangebote für Kinder oder ältere Angehörige sind in vielen Ländern unzureichend.
3. Selbstvertrauen und Rollenerwartungen
Das Imposter-Syndrom, bei dem Frauen ihre eigenen Fähigkeiten infrage stellen, wird durch gesellschaftliche Rollenerwartungen verstärkt. Traditionelle Geschlechterrollen, die Frauen als „Helferinnen“ und Männer als „Macher“ darstellen, beeinflussen die Wahrnehmung und Selbstwahrnehmung von Frauen in der Arbeitswelt.
4. Netzwerke und Mentoring
Vertikale Netzwerke sind entscheidend für Karriereschritte. Während Männer häufiger Zugang zu Mentoren oder informellen Netzwerken haben, fehlt es Frauen oft an diesen Ressourcen. Diese Lücke erschwert nicht nur den Zugang zu Führungspositionen, sondern auch die berufliche Weiterentwicklung.
Wie Unternehmen das Paula-Prinzip überwinden können
Das Paula-Prinzip zeigt deutlich, dass Unternehmen aktiv werden müssen, um Gleichberechtigung und Chancengleichheit zu fördern. Es reicht nicht, bestehende Systeme lediglich anzupassen – es bedarf gezielter Maßnahmen, um strukturelle Barrieren abzubauen und das Potenzial aller Mitarbeitenden voll auszuschöpfen. Hier sind einige Ansätze, wie Organisationen das Paula-Prinzip überwinden können:
1. Mentoring-Programme
Gezielte Programme, die Frauen mit erfahrenen Führungspersönlichkeiten verbinden, können dazu beitragen, Karrierechancen zu schaffen und Barrieren abzubauen.
2. Transparenz bei Beförderungen
Unternehmen sollten klare Kriterien für Beförderungen und Gehaltserhöhungen definieren, um subjektive Entscheidungen zu minimieren. Dies stärkt nicht nur die Fairness, sondern erhöht auch die Motivation der Mitarbeitenden.
3. Förderung flexibler Arbeitsmodelle
Flexible Arbeitszeiten und Remote-Optionen sollten nicht nur Frauen, sondern auch Männern offenstehen, um traditionelle Rollenmuster aufzubrechen.
4. Schulungen zur Sensibilisierung
Workshops und Trainings zu Themen wie unbewussten Vorurteilen können Führungskräfte dabei unterstützen, gerechtere Entscheidungen zu treffen.
Praktische Tipps für Frauen
Während Unternehmen eine entscheidende Rolle dabei spielen, das Paula-Prinzip zu überwinden, können Frauen selbst ebenfalls aktiv werden, um ihre beruflichen Chancen zu verbessern und bestehende Barrieren zu durchbrechen. Mit gezielten Strategien und einem klaren Fokus auf persönliche Weiterentwicklung lassen sich viele Herausforderungen besser meistern. Hier sind einige praktische Ansätze:
1. Aufbau starker Netzwerke
Der Aufbau von Netzwerken, sowohl innerhalb als auch außerhalb des eigenen Unternehmens, ist entscheidend. Plattformen wie LinkedIn oder berufliche Netzwerke für Frauen bieten wertvolle Ressourcen und Möglichkeiten zum Austausch.
2. Fokus auf Weiterentwicklung
Die kontinuierliche Entwicklung von Fähigkeiten, sei es durch Weiterbildungen, Zertifikate oder Mentoring, stärkt das Selbstbewusstsein und die Position im Unternehmen.
3. Kommunikation von Erfolgen
Frauen sollten ihre Erfolge gezielt kommunizieren und sicherstellen, dass ihre Leistungen gesehen und anerkannt werden. Sichtbarkeit ist ein entscheidender Faktor für beruflichen Erfolg.
Fazit: Gemeinsam das Paula-Prinzip überwinden
Das Paula-Prinzip zeigt, dass Gleichberechtigung in der Arbeitswelt noch immer ein Ziel ist, für das es sich zu kämpfen lohnt. Unternehmen, die das Potenzial ihrer Mitarbeiterinnen voll ausschöpfen, profitieren nicht nur von einer besseren Performance, sondern stärken auch ihre Innovationskraft und Attraktivität als Arbeitgeber.
Jede:r Einzelne kann ebenfalls einen Beitrag leisten, sei es durch Selbstreflexion, aktive Unterstützung von Kolleginnen oder das Anstoßen von Veränderungen innerhalb der Organisation. Gleichberechtigung beginnt im Kleinen – und endet in einer nachhaltigeren, gerechteren Arbeitswelt.
Was sind Ihre Erfahrungen mit dem Paula-Prinzip? Haben Sie ähnliche Hindernisse in Ihrer Karriere oder in Ihrem Unternehmen beobachtet? Teilen Sie Ihre Meinung und Ideen in den Kommentaren – wir freuen uns auf den Austausch!
Die schlimmste Art der Gerechtigkeit ist die vorgespielte Gerechtigkeit.
von Platon (428 – 348 v. Chr.), griechischer Philosoph
Literatur:
Schuller, T. (2017).The Paula principle: How and why women work below their level of competence. Scribe Publications.